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Selbst wenn Sie nur in Deutschland tätig werden wollen, dürfen Sie nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Gesellschaft nach dortigem Recht gründen. Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) im Jahr 2003 zum sogenannten "Überseering" wählen beispielsweise immer mehr deutsche Unternehmerinnen und Unternehmer die Rechtsform einer Limited Company (Ltd.).
Das BGH-Urteil bezieht sich auf die EU-weite Niederlassungsfreiheit. Demnach steht es deutschen Unternehmensgründerinnen und Unternehmensgründern frei, etwa nach britischem Recht eine Gesellschaft zu gründen, deren Verwaltungssitz sich in Deutschland befindet.
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Ein Unternehmen mit ausländischer Gesellschaftsform untersteht für die gesamte Dauer seines Bestehens dem geltenden Recht des jeweiligen Landes. Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind oft schwer überschaubar. Um eine Entscheidung zu treffen, sollten Sie auf die Kompetenz erfahrener Fachleute bauen, denn die Situation eines Unternehmens hängt immer vom Einzelfall ab.
Besonders wichtig ist die notarielle oder anwaltliche Beratung zu rechtlichen Fragen. Ansprechpartner, besonders bei branchenspezifischen Fragen, finden Sie jederzeit auch in den sächsischen Industrie- und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern:
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Auf Besonderheiten und Schwierigkeiten bei der Wahl einer ausländischen Gesellschaftsform sei nachstehend am Beispiel der Limited Company (Ltd.) hingewiesen.
Limited Company (Ltd.)
Nach der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist die in Großbritannien übliche Limited Company (Ltd.) – kurz "Limited" – in Deutschland die derzeit beliebteste Rechtsform unter den Kapitalgesellschaften. Verlockend sind vor allem die vergleichsweise geringen Gründungskosten einer Limited.
In Großbritannien spielt die Limited vor allem für kleine und mittlere Unternehmen eine ähnliche Rolle wie die GmbH in Deutschland. Beide Formen sind Kapitalgesellschaften, denen eine sogenannte Rechtspersönlichkeit zu eigen ist. Auch bei der Limited sind Mischformen möglich, wie etwa eine Ltd. & Co. KG. Strukturell ist die Limited eher mit der Aktiengesellschaft (AG) vergleichbar.
Gründung einer Limited
Die Gründung einer britischen Limited erfolgt auf Initiative von mindestens einem Aktionär. Gesellschafter ("shareholder") sind der Aktionär oder die Aktionäre. Maßgeblich für die Gründung ist die Eintragung ins britische Handelsregister ("Companies House"). Zu bestellen sind ein Geschäftsführer ("director") und bei einigen Formen der Limited auch ein Sekretär ("secretary"); die Aktionäre können diese Positionen auch selbst besetzen.
Rechtliche Aspekte
Grundsätzlich ist eine Limited, die in Deutschland tätig ist, deutschem Recht unterworfen. Für die Geschäftstätigkeit selbst (das heißt, für Probleme innerhalb der Limited) gilt hingegen britisches Gesellschaftsrecht, auch wenn es sich um eine Niederlassung in Deutschland handelt. Das bedeutet beispielsweise, dass die deutschen Bestimmungen über die Mindesteinlage (GmbH: EUR 25.000) nicht gelten. Ausreichend ist ein Gründungskapital von lediglich GBP 1 (1 Britisches Pfund Sterling).
Hinsichtlich des Steuerrechts gibt es keine Unterschiede zur GmbH. Ist die Geschäftsleitung einer Limited in Deutschland ansässig, fallen die hier üblichen Steuern an.
Die Limited kann ohne die Mitwirkung einer Notarin oder eines Notars gegründet werden.
Anmeldepflichten in Deutschland
In Deutschland sind bei der Gründung einer Limited-Niederlassung eine Reihe von Anmeldepflichten zu beachten – die Wichtigsten im Überblick:
- Meldung beim Finanzamt
- Gewerbeanmeldung
- Eintrag ins deutsche Handelsregister
- bei der Beschäftigung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern: Anmeldung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft und Zahlung der entsprechenden Beiträge
- Mitglieds- und Beitragspflicht bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) beziehungsweise der Handwerkskammer
Abhängig von der Branche können weitere Anmeldepflichten und Zwangsmitgliedschaften nötig sein.
Risiken für Gesellschafter und Geschäftspartner
Die Risiken einer Limited sowohl für die Gesellschafter selbst als auch für die Geschäftspartner sind nicht zu unterschätzen. Darauf wies die Bundesregierung ausdrücklich in einer Stellungnahme hin.
Welche Folgen sich allein durch das geltende britische Recht ergeben, sei an einigen Beispielen verdeutlicht:
- Vertragspartner in Deutschland vermögen Rechtsansprüche oftmals nur schwer durchzusetzen; für Verbindlichkeiten haften die Gesellschafter nach britischem Recht nur in Einzelfällen.
- Die Folgekosten sind deutlich höher als die einer GmbH – insbesondere durch die Offenlegungspflicht in Großbritannien. So müssen beispielsweise englischsprachige Geschäftsberichte ("annual returns") erstellt werden.
- Gläubiger verlangen wegen des geringen Stammkapitals häufig zusätzliche Sicherheiten (etwa in Form von Bürgschaften).
- Verletzen die Gesellschafter formale Vorschriften (möglicherweise aus Unkenntnis), können die britischen Behörden die Limited löschen, das in Großbritannien befindliche Vermögen fällt der britischen Krone zu.
- Das britische Gesellschaftsregister geht bei Verstößen gegen Veröffentlichungspflichten streng vor; Bußgelder von mehreren tausend britischen Pfund drohen.
Freigabevermerk
Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. 09.01.2015